Höhlenlicht
Mirjam Baker
Höhlenlicht
Mirjam Baker
Eröffnung: Sa, 16.11.2024 um 16 Uhr
Es spricht: Veronika Rudorfer
Ausstellungsdauer: 17.11.2024 – 12.1.2025
Höhlenlicht
Text von Veronika Rudorfer
Mirjam Bakers Ausstellung Höhlenlicht ist eine mesmerisierende Reflexion über das Verhältnis von visueller Perzeption und Denkprozessen: Der Animationsfilm Höhlenlicht (2022) lässt für exakt neun Minuten und zwölf Sekunden etwas wahrnehmen, was sich durch das Tempo des Schnitts wie auch den abstrakten Gehalt des Gesehenen dem rationalen Verstehen entzieht. Auch unterläuft Höhlenlicht bewusst jede räumliche Orientierung, kein Oben oder Unten kann ausgemacht werden. Baker nutzt für diesen Effekt den Begriff der Raumverwirrung, der ihr eine Befragung des Bildraums über den Modus der Abstraktion ermöglicht – vergleichbar mit ihren Untersuchungen der Räumlichkeit von Farben in ihrem Animationsfilm Staub (2019). Höhlenlicht öffnet durch den Entzug des Konkreten eine assoziative Rezeptionsebene: Die Betrachter*innen können sich auf individuelle Reisen durch Bakers Bildräume begeben, meinen mitunter pareidolische Fratzen, Baumrinden oder Fledermäuse auszumachen – oder handelt es sich, dem Titel des Films folgend, um zapfenförmige Stalaktiten oder Stalagmiten in einer Höhle? Letztere lassen auf begrifflicher Ebene auch an jene, Zapfen genannten Sinneszellen im menschlichen Auge denken, die das Farbsehen ermöglichen. Für die visuelle Wahrnehmung von Höhlenlicht kommen diese Zapfen zum Einsatz, handelt es sich dabei um einen Farbfilm, der unzählige farbige Grautöne umfasst.
Die Ausstellung bildet einen Dreiklang von Film, Fotografie und Künstler*innenbuch und spielt mit den spezifischen Rezeptionsmodi des jeweiligen Mediums: Gegenüber der hohen Geschwindigkeit des Films, ermöglichen die statischen, unbetitelten Fotografien (2020–2024) eine entschleunigte Betrachtung und evozieren damit grundlegend andere Bilder als das Bewegtbild. Im Künstler*innenbuch Höhlenlicht (2024) legt Baker eine eigene, von jener des Films unabhängige Struktur für die Fotografien vom Beginn des Entstehungsprozesses fest, bei denen es sich somit nicht um Filmstills handelt. In dieser medienreflexiven Setzung macht Baker die Abhängigkeit der sinnlichen Wahrnehmung vom jeweiligen Medium anschaulich. Die Ausstellung Höhlenlicht setzt ein komplexes, wahrnehmungstheoretisch informiertes Wechselspiel zwischen der visuellen Perzeption und den individuellen Denkprozessen der Betrachter*innen in Gang, wenn, wie Mirjam Baker es im Künstler*innenbuch formuliert, „Bilder zwischen den Bildern entstehen.
Mirjam Baker ist Malerin und Filmemacherin. Geboren 1985 in Melk, Österreich, studierte sie Medientechnik in St. Pölten (2010) und Animation am Royal College of Art in London (2014). Für ihre Arbeit an der Schnittstelle von Malerei und Film erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien, darunter den Daler-Rowney- und Nat Cohen-Preis des Royal College of Art, den Künstlerhauspreis Wien sowie mehrfache Kurzfilmförderungen durch die Film- und Medienstiftung NRW, das Bundeskanzleramt Österreich und das Land Niederösterreich. Ihre Filminstallation Staub, die sie 2021 in einer Einzelausstellung im tresor des Bank Austria Kunstforum Wien gezeigt hat, wurde in die Kunstsammlung Niederösterreich aufgenommen. Ihr Werk ist regelmäßig in Ausstellungen und auf Filmfestivals zu sehen.